“Kühe geben immer Milch.” – Beobachtet man Linda, die seit fast genau drei Jahren Milch gibt, dann könnte man meinen, an dieser Aussage sei etwas Wahres dran. Warum sollten dann Kühe jedes Jahr ein Kalb bekommen, wenn die Milch doch eh länger als zehn Monate fließt?
Ganz einfach: So wie beim Menschen pendelt sich auch die Milchproduktion bei Kühen immer mehr ein. Die meiste Milch kommt ab Geburt in den ersten Lebenswochen des Kalbes. Es braucht Kraft und Wachstumshormone, muss schnell zulegen und wachsen, um mit der Herde in der Natur bestehen zu können. Wenn das Kalb nach ein paar Wochen zu fressen beginnt, dann reduziert sich die Milchmenge. Je mehr das Kalb eigenständig frisst, desto weniger Milch trinkt es und desto weniger gehaltvoll muss sie sein. Das ist wie beim Menschen, wenn das Kind mit der Beikost beginnt – das Trinken dient mehr zur Durstminderung und Ergänzung, als zur Hauptnahrung.
Und warum muss das jetzt mit den jährlichen Kälbern sein? Weil die Milchmenge der Kuh nach rund neun bis zehn Monaten schon so nachlässt, dass es nicht mehr rentabel ist, eine Kuh zu füttern, mit Kraftfutter zu versorgen und zu melken. Sie ist zu diesem Zeitpunkt idealerweise schon mit dem nächsten Kalb trächtig, wird für rund zwei Monaten trockengestellt (darf Pause machen und Kraft tanken für die letzten Wochen der Trächtigkeit) und bekommt dann das Kalb und hat wieder die volle Milchleistung zur Verfügung. Da wird es nämlich wieder rentabel, wenn wieder 20, 30 oder gar 40 Liter und mehr TÄGLICH aus der Kuh fließen.
Wie viel so ein Kalb eigentlich am Tag trinkt? Man spricht, je nach Quelle, von 8-15 Liter pro Tag. Es ist als ein Vielfaches, was der Kuh durch Züchtung abverlangt wird. Kein Wunder also, warum Milchkühe oft nach nur zwei bis vier Jahren “Hochleistungssport” völlig ausgemergelt sind. Lässt die Milchmenge nach, ist es meist das Todesurteil für die Kuh.
Machen wir die Kurve wieder zurück zu Linda und ihrem seit drei Jahre fließenden Milchfluss: Cowboy gilt als fast erwachsen, trotzdem liebt er es, an Mamas Euter zu nuckeln. Milch kommt dabei freilich noch raus, doch es ist eher als kleiner Snack für Zwischendurch zu verstehen. Dies zeigt uns jedoch, was die Kuhmilch eigentlich wirklich zu bedeuten hat: sie steht für die Nahrung einer Kuh für ihr Kalb, für ihre innige Beziehung und für eine Liebe, die keine Grenzen kennt.