12.12. Ungesehen, doch nicht unwichtig

Sich mit (zu der Zeit) 24 Rindern täglich zu beschäftigen, das wäre ein Vollzeitjob. So kommt es, dass man automatisch mit zutraulicheren Rindern mehr macht, als mit jenen, die Menschen eher meiden. Wir haben Rinder, die kommen sofort her, wenn wer in den Stall kommt. Meist sind es jene, die gerne Leckerlis abstauben wollen, so wie Anouk, Cookie, Willy oder Hinkebein. Und dann gibt es noch diese “ungesehenen” Rinder, jene, die nicht oft auf Fotos auftauchen oder die kaum direkten Kontakt haben. Dazu gehören zum Beispiel Emilia, Pünktchen, Stella oder Hope, hier am Bild. Sie ist die zweitälteste der Herde und eher dominant, doch zieht sich bei menschlicher Anwesenheit lieber zurück. Heute holen wir sie vor den Vorhang, denn sie ist eine sehr schöne Kuh, die jahrelang als Mutterkuh gedient hatte, und es verdient, Aufmerksamkeit zu bekommen.

Hope wurde 2011 geboren und hatte in ihrem Leben insgesamt sieben Kälber. Das erste hatte sie 2014 mit drei Jahren, das letzte kam 2020 zur Welt, heißt Lotte und lebt heute beim Lebenshof Hohenwart in Deutschland. Hope hatte jedes Jahr Kälber bekommen und galt deshalb als sehr zuverlässige fruchtbare Mutterkuh, die man gerne in der Herde hat. Sie kümmerte sich immer sehr gut um ihre Kälber und gab gut Milch. Doch jedes Jahr im Herbst wurde ihr Herz gebrochen. Jedes Jahr im Herz wurde ihr ihr Kalb genommen. Jedes Jahr im Herbst verlor sie das Vertrauen in den Menschen.

Zum Glück kam es anders und sie bekam das Urteil Lebenslänglich, auch wenn ihr letztes Kind nicht bei ihr bleiben konnte. Heute genießt Hope ihr Leben und darf mit ihren 12 Jahren auf eine noch hoffentlich lange Zukunft blicken. Ohne Lebenslänglich wäre sie mit ca. 10 Jahren geschlachtet worden und durch eine Jungkuh ersetzt worden. Die Entscheidung eines Menschen kann Leben retten. Jeden Tag können wir uns für Tod oder Leben entscheiden. Jeder Bissen entscheidet über Tod oder Leben. Wofür entscheidest du dich heute?