Verstirbt ein Rind auf einem Bauernhof abseits des Schlachtprozesses, so setzt das eine Kette in Gang, die eingehalten werden muss, egal ob Lebenshof oder Nutztierhof. Jedes “Nutztier” wie Rind, Schwein oder Schaf ist mit seiner Ohrmarke registriert, das ist wie ein Personalausweis, der mit sich herumgetragen wird. Nach Hinkebeins Tod riefen wir bei der Tierkörperverwertung unseres Bundeslandes an und gaben die Abholung bekannt. Man man gar nicht darüber nachdenken, was mit den Tierkörpern passiert, doch leider ist dieser Weg unumgänglich. Einäschern oder Begraben ist – auch wegen der Größe und des Seuchenschutzes – nicht möglich und auch nicht gestattet. Es bleibt nur der offizielle Weg.
Wir ließen der Herde danach noch einen Tag lang Zeit, sich von Hinkebein zu verabschieden. Es ging alles so schnell, und wir wollten vor allem ihren Töchtern Whitey und Anouk die Zeit geben, zu realisieren, dass sie gestorben war. Die Rinder schnupperten an ihr oder legten sich neben ihr ins Stroh. Ansonsten stellten wir keine großartigen Reaktionen fest. Es war alles relativ ruhig. Am nächsten Tag wurde Hinkebeins Körper abgeholt und mit ihrer Ohrmarke entsprechend identifiziert und im System abgemeldet. Im Prinzip ist es wie bei Menschen auch, nur dass die Beerdigungsfeier danach wegfällt.
Das Gefühl danach war für uns eigenartig. Zu viel ist in diesen 24 Stunden geschehen, so brauchten wir ein wenig Zeit, uns mit dem Gedanken anzufreunden, dass eine in der Herde fehlt. Sie war immer die erste, die herkam, wenn sie Leckerlis witterte. Sie war immer die zahmste und liebste. Doch das Leben geht weiter.
Nach Stella (am Foto) ist nun Hope die Zweitälteste der Herde und hat Hinkebeins Position eingenommen. Diese beiden werden in ein paar Monaten 13 Jahre alt. Was für ein Alter für eine Kuh! Und wie viel Schönes doch noch vor ihnen liegen kann, bei einer Lebenserwartung von 20-25 Jahren! Wollen wir hoffen, dass ihnen noch mehr Zeit als Lebenslängliche gegönnt ist.