In dieser Zeit ging uns so wahnsinnig viel durch den Kopf. So viele Dinge mussten durchdacht werden, schließlich hing unsere Existenz und der Hof davon ab. Generationen hatten zuvor alles aufgebaut – wie geht man mit diesem Erbe um? Es war nicht leicht, denn natürlich hat man Sorgen, Ängste und Bedenken. Doch eines wussten wir eindeutig – so leben wie zuvor wollten wir nicht mehr. Und die Tiere wollten wir fortan nicht mehr (aus)nutzen, denn immer mehr drängte sich die ethische Komponente in den Vordergrund.
Nachdem am 15. April 2020 die Zwillinge Lilly & Willy zur Welt gekommen waren und den Kälberfrühling mit den vielen Geburten einläuteten, folgte am 17. April die Geburt von Anouk, die Tochter unserer Lieblingskuh Hinkebein. Nachdem wir jetzt wussten, welchen Weg wir gehen wollten, war es für uns unmöglich geworden, diese beiden irgendwann in den Tod zu schicken. Und als Symbol wollten wir auch Lilly, das zwittrige Mädchen, fix behalten, da sie nie eine Chance sonst bekommen würde. In wenigen Tagen entstand die Webseite, die Insta-Seite und wir gingen an die Öffentlichkeit – ohne Bezug auf uns persönlich, denn hier vor Ort wollten wir noch abwarten und erst durch Unterstützer den Rücken gestärkt bekommen.
Die ersten Patenrinder wurden ausgeschrieben – für Anouk, Hinkebein, Lilly und Milli (eine weitere Kuh mit der uns viel verband) war das Urteil Lebenslänglich ausgesprochen worden. Wie würden die Reaktionen sein? Wer zahlt bitte Geld für Tiere, damit sie leben konnten? Geht das Konzept wirklich auf? Wir hatten Sorgen und Unsicherheit, weil der Kopf so mitspielte. Zu sehr waren wir gedanklich im System gefangen, doch dann kam der Bumerang. Die ersten Paten waren gefunden und wir wussten, wir waren auf dem richtigen Weg.